BONUS:
Golden Bay Epilog

Wichtig: Dieser Bonus-Epilog enthält Spoiler für die ganze Canadian-Dreams-Reihe! Bitte erst lesen, nachdem du Golden Bay – How it ends (Band 3) fertig gelesen hast!

Ember

Zwei Monate später
Dezember

»Sehr geehrte Passagiere, wir werden in wenigen Minuten anlegen. Bitte kehren Sie zu Ihren Autos zurück. Alle Fußgänger begeben sich bitte zu den ausgewiesenen Ausgängen.«
Ein letztes Mal atme ich tief durch, inhaliere die kalte Meeresluft und betrachte die bunten Häuser, die die Promenade von Bayville säumen, dann setze ich mich in Bewegung.
Die Stufen hinunter, den anderen Passagieren hinterher.
Mit jedem Schritt klopft mein Herz ein bisschen schneller. Aufgeregter. Vorfreudiger.
Meine linke Schulter schmerzt bereits von der schweren Reisetasche, aber das ist mir egal. Gleich bin ich da. Gleich bin ich zu Hause.
Nur noch ein paar Minuten und dann …
Die Motoren laufen auf Hochtouren, und ein Rucken geht durch die Fähre, als sie am Hafen anlegt.
Die Menschen bewegen sich vorwärts, die Rampe hinunter, eine Person nach der anderen, und ich mittendrin.
Es ist zwei Monate her, seit ich das letzte Mal auf Golden Bay war, und statt Spätsommersonne und warmen Temperaturen begrüßen mich tiefgraue Wolken und eine dünne Puderzuckerschicht auf den Häuserdächern. In der Luft liegt der Geruch von Schnee, Algen und Fisch. Trotzdem kann ich nicht aufhören zu lächeln. Insbesondere nicht, als ich Holden zwischen den wartenden Menschen am Hafen entdecke.
Ich renne los, schlage Haken um die anderen Leute, lasse die Reisetasche fallen, springe Holden in die Arme und schlinge die Beine um ihn.
Er fängt mich auf und hält mich fest, wie er es jedes Mal getan hat, wenn wir uns in den letzten Wochen – meist in Montréal – gesehen haben und ich ihm genauso in die Arme gesprungen bin wie heute.
Sein vertrauter Duft nach Zeder und Sandelholz mit einer warmen, feurigen Note dringt mir in die Nase, und ich vergrabe das Gesicht an seinem Hals, wo ich ihn noch intensiver wahrnehmen kann.
»Ich hab dich vermisst«, wispere ich.
Obwohl wir regelmäßig miteinander gesprochen, uns getextet und ein paarmal sogar getroffen haben, hat mir dieser Mann unglaublich gefehlt.
Mit einem Arm drückt er mich fester an sich und setzt einen Kuss auf meine Schläfe. »Ich dich auch, Baby.«
Es ist lächerlich, weil wir uns schon ewig kennen und letzten Sommer die schlimmsten Krisen miteinander durchlebt haben. Mittlerweile müsste ich seine Nähe, seine Liebe, gewöhnt sein, dennoch macht mein Herz bei seinen Worten einen kleinen Satz. Ich lehne mich ein Stück zurück, suche seinen Blick und versinke in seinen intensiven blauen Augen.
Manchmal fällt es mir noch immer schwer zu glauben, was wir gemeinsam durchgestanden haben und wie unsere Geschichte ausgegangen ist. Kein Happy End, denn wir schreiben sie unaufhörlich weiter.
Lächelnd beuge ich mich zu ihm hinunter und küsse ihn. Mit all der Sehnsucht und Freude, die ich gerade empfinde.
»Vorsicht«, raunt er und knabbert kurz an meiner Unterlippe. Ein heißer Schauer wandert durch meinen Körper. »Sonst will ich dich nicht mit den anderen teilen, sondern ganz für mich allein.«
Grinsend drücke ich ihm noch einen Kuss auf den Mund. »Später hast du mich ganz für dich.«
Ein lautes Räuspern unterbricht uns.
»Darf ich mal?« Shae macht eine scheuchende Handbewegung, bis Holden mich runterlässt. »Danke.«
Und schon fällt sie mir um den Hals. Ich schlinge die Arme um meine beste Freundin, die mir genauso sehr gefehlt hat wie Holden. Sie, ihre sarkastischen Sprüche und ihre todesmutigen Aktionen.
»Willkommen zurück, Em«, sagt sie und löst sich von mir.
»Der ist übrigens für dich.« Holden hält einen To-go-Becher in die Höhe.
»Aww«, mache ich gerührt und trinke einen Schluck. Maple Latte. Heiß, süß und mit Hafermilch. Genau wie ich ihn liebe. »Danke.«
Shae verdreht die Augen. »Hört auf, so schrecklich süß zu sein! Da kriegen andere Leute ja allein vom Zusehen Zahnschmerzen.«
Ich schmunzle nur und mustere sie von oben bis unten. Wie ich trägt sie eine dicke Jacke, Schal und Mütze. Ich hoffe, in den nächsten Wochen wird es noch mehr schneien. Selbst wenn das bedeutet, dass Shae und ich die Einfahrt freischaufeln müssen.
Wie selbstverständlich hake ich mich bei ihr unter. »Du siehst gut aus.«
Sie zieht die dunklen Brauen hoch. »Soll das heißen, ich sah vorher nicht gut aus?«
»Doch, natürlich. Aber du wirkst irgendwie … entspannter.«
»Entspannt? Oder durchgevögelt?«
Holdens Kopf ruckt herum, die Augen entsetzt geweitet, und ich pruste los. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Shae das nur rausgehauen hat, um ihn zu schocken.
Ich knuffe sie in die Seite. »Das hast du gesagt, nicht ich.«
Holden hebt meine Tasche auf. »Okay, das ist mein Stichwort, jetzt zu gehen.«
»Oh, nein, du bleibst schön hier, Mister. Ich kriege früher oder später schon noch raus, was bei Shae los ist. Jetzt will ich erst mal den Rest der Truppe wiedersehen.«

Rund zwanzig Minuten später haben wir meine Reisetasche in Holdens Pick-up verstaut und ich stoße die Tür zum Turner’s auf. Der Pub sieht noch genauso aus wie bei meinem letzten Besuch. Dunkle Möbel, gemütliche Atmosphäre. Ein Kamin mit Sesseln auf der einen Seite, ein Billardtisch und Dartscheiben auf der anderen. Aus den Boxen dröhnt der aktuelle Song von Waiting for Juliet. Bis vor Kurzem kannte ich die Band noch gar nicht, inzwischen liebe ich sie. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Shae oder Will etwas mit der Songauswahl zu tun haben. Beck würde nie moderne Popmusik im Pub spielen.
Wie aufs Stichwort tritt Will hinter der Bar hervor, und ich gehe lächelnd auf ihn zu. Unsere Umarmung ist kurz, fest und freundschaftlich. Inzwischen waren er und Holden sogar mal zusammen etwas trinken. Die beiden werden wohl nie beste Kumpel, aber ich bin froh, dass es keine Spannungen mehr zwischen ihnen gibt.
»Ich bringe gleich alle Getränke rüber«, sagt er, nachdem wir unsere Bestellungen aufgegeben haben.
An unserem üblichen Tisch sitzt bereits eine Person mit platinblondem Haar, das sie inzwischen nur noch kinnlang trägt. Als Camille uns entdeckt, legt sie das Buch zur Seite, in dem sie bis gerade gelesen hat, und springt auf, um uns zur Begrüßung der Reihe nach zu umarmen. »Willkommen zurück, Ember!«
»Danke.« Mit einem zufriedenen Seufzen rutsche ich neben sie auf die Bank und ziehe mir Jacke, Schal, Mütze und Handschuhe aus. »Was liest du da?«
Ich neige den Kopf, um den Titel zu erkennen. Tödlicher Gentleman von J.J. Burnett. Klingt ein bisschen blutrünstig.
Camilles Augen leuchten auf. »Der erste Band einer Thriller-Reihe von einem britischen Autor. Es ist sooo gut! Bitte lies es, Ember. Ich muss mit jemandem darüber reden. Nächstes Jahr erscheint schon der fünfte Teil.«
»Okay, okay«, antworte ich lachend, zücke mein Handy und fotografiere mir den Titel ab. »Ich werd’s mir anschauen.«
»Danke, Em.« Shae lässt sich auf den Stuhl schräg gegenüber fallen, damit Holden den Platz auf meiner anderen Seite einnehmen kann. »Camille versucht seit Wochen jedem dieses Buch anzudrehen.« Sie schneidet eine Grimasse.
»Gar nicht wahr! Ich empfehle es euch nur. Und auch erst seit ein paar Tagen.«
»Danke, aber nein danke. Ich hab schon genug Drama und Intrigen in meinem Leben.«
»Was ist mit Mord und Totschlag?«, fragt Beck hinter ihr und tritt in diesem Moment an unseren Tisch.
Shae versteift sich kurz, dann dreht sie sich auf dem Stuhl zu ihm um. »Meldest du dich freiwillig als Opfer?«
Ich grinse. Wie es aussieht, ändern sich manche Dinge nie.
Bevor ich nachhaken oder einschreiten kann, tauchen auch Zion und Taleisha auf. Ich drücke zuerst Taleisha und Beck, anschließend versinke ich in Zions Bärenumarmung.
Gleich darauf sitze ich wieder an meinem Platz – genau wie Shae mit einem Erdbeer-Milchshake vor mir – und sehe in die Runde. Unsere Gruppe ist komplett. Zumindest fast. Der Einzige, der in unserer Truppe fehlt, ist Jayden. Aber nach dem, was er getan hat, werde ich dieses Thema ganz sicher nicht ansprechen und alte Wunden aufreißen. Jayden hat bekommen, was er verdient, und wird für lange Zeit weggesperrt bleiben.
»Alles okay?«, fragt Holden leise an meinem Ohr.
Er muss mir die düsteren Gedanken angemerkt haben.
Ich atme tief durch und nicke. »Mehr als okay.«
Wieder hier zu sein, bei den Menschen, die ich liebe, bei meiner Familie, ist alles, was ich mir wünsche. Und wenn ich in ein paar Monaten die Abschlussprüfungen bestehe und meinen Bachelor in der Tasche habe, kehre ich endgültig nach Golden Bay zurück.
Die anderen sind bereits in ein Gespräch über Taleishas und Zions bevorstehende Hochzeit vertieft; Holden nutzt den Moment, um mir das Haar hinters Ohr zu streichen und meinen Blick zu suchen. »Hast du schon mit deinem Vater gesprochen?«
»Noch nicht.« Ich seufze. »Aber ich werde ihn und Grandma später besuchen. Bald ist schließlich Weihnachten. Außerdem will ich das neue Jahr nicht mit so viel Ungesagtem beginnen, also werde ich mit ihm reden und versuchen, ein paar Dinge zu klären.«
»Das hört sich gut an.« Holden drückt mir einen Kuss auf die Schläfe. »Du weißt, ich bin da, wenn du Unterstützung brauchst.«
»Ich weiß«, erwidere ich lächelnd und lege die Hand auf sein Bein. »Danke.«
Wahrscheinlich wird er nie verstehen, wie viel es mir bedeutet, dass er mir vertraut und mich meine Kämpfe selbst ausfechten lässt, aber immer da ist, wenn ich ihn brauche. Das und die Wahrheit sind alles, was ich je wollte.
Ich sehe in die Runde. Von Taleisha und Zion, die gerade halb ernst, halb im Spaß über das Muster von Tischdecken und Servietten diskutieren, zu Will, der sich kurz zu uns gesetzt hat, obwohl er arbeiten muss, und mir nun lächelnd zunickt, bis hin zu Shae und Beck. Die Stimmung zwischen den beiden ist geladen wie eh und je. Nur scheint sie – passend zu den Außentemperaturen – noch frostiger zu sein als sonst.
»Ich muss dir was sagen.« Camille wendet sich mir zu. »Unser Gespräch im August ist mir einfach nicht aus dem Kopf gegangen. Als wir übers Studieren und darüber geredet haben, was uns glücklich machen würde. Weißt du noch?«
»Natürlich.«
Wir waren an einem kleinen Strandabschnitt fernab der Touristen auf der Westseite der Insel und haben einen Mädelsabend mit Picknick veranstaltet, bei dem wir sogar das große Glück hatten, eine Gruppe Wale auf ihrer Reise in den Süden vorbeiziehen zu sehen.
»Ich habe mich an ein paar Universitäten beworben und hoffe, dass sie mich für das nächste Semester zulassen. Hauptfach Biologie.«
»Wirklich? Das ist großartig, Camille. Ich wünsche dir so sehr, dass es klappt.«
Sie lächelt. »Unser Gespräch und die Tatsache, dass du nach Montréal zurückgegangen bist, haben mich wachgerüttelt. Das hab ich gebraucht. Danke.«
Ich schüttle den Kopf. »Lieb von dir, aber das hast du dir ganz allein zu verdanken. Ich freue mich so für dich!«
Camille strahlt wie schon lange nicht mehr, also muss es die richtige Entscheidung sein, auch wenn ich sie vermissen werde. Aber wenn ich eins gelernt habe, dann, dass Golden Bay etwas an sich hat, das uns alle früher oder später immer wieder zurück nach Hause bringt.
Erneut sehe ich von einem zum anderen, sauge die entspannte Atmosphäre im Pub auf und lehne mich mit einem zufriedenen Seufzen zurück. »Es ist so schön, wieder hier zu sein.«
Shae prostet mir mit ihrem Erdbeer-Milchshake zu. »Auf dich, Em.«
Ich lächle, als die anderen ebenfalls ihre Gläser und Flaschen erheben. »Auf Golden Bay.«
»Auf unser Zuhause.«

Die ganze Geschiche von

Ember, Holden und den anderen bekommst du in der Canadian Dreams Reihe! Hier kannst du Golden Bay – How it feels (Band 1) bestellen:

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