Kennt ihr diese Momente, in denen einem 1000 andere Dinge einfallen, die wichtiger sind als das Schreiben am aktuellen Projekt? Und kennt ihr auch jene Momente, in denen all das erledigt ist (okay, seien wir ehrlich, das ist es nie), man sich aber einfach nicht zum Schreiben überwinden kann? Hand aufs Herz. Ich glaube, die kennen wir alle. Nur gibt niemand gern zu, momentan aus welchen Gründen auch immer einfach keine Lust, keinen Nerv und absolut keine Motivation aufs Schreiben zu haben. Oder aufs Überarbeiten. Oder überhaupt auf alle buchrelevanten Autorenthemen. Aber warum eigentlich nicht? Was ist so schlimm daran, auch als Autor mal zu sagen: “Ich habe keine Lust! Ich will nicht mehr!”
Vor ein paar Tagen, nach einem super motivierten Tag, an dem ich schon vormittags 2.500 Wörter geschrieben hatte, bekam ich einige Kapitel meiner Betaleserin zurück. Von der “härtesten Betaleserin der Welt”, wie ich sie gern nenne. Der Plot war in Ordnung, ich musste ihrer Meinung nach daran nicht groß etwas ändern. Aber die Details waren eine Katastrophe. Anmerkung um Anmerkung, Kleinigkeiten ohne Ende und dann noch zwei Szenen, bei denen sie beim Lesen meine Lustlosigkeit gespürt hat. Autsch.
Ich halte mich für einen sehr kritikfähigen Menschen (muss man in diesem Job auch sein), aber hier musste sogar ich mehrmals schlucken. Und es lag mir im Magen. An jenem Abend. Am nächsten Tag und selbst heute noch, zwei Tage später. Plötzlich war meine Motivation verflogen und jeder Satz, jedes Wort, das ich zu schreiben versucht habe, klang grauenhaft. Mein innerer Kritiker saß auf meiner Schulter und flüsterte mir die ganze Zeit zu, wie schlecht alles ist, wie viel ich sowieso noch ändern müsste und wie wenig Zeit mir dafür bleibt. Hallo Deadline, stehst du auch schon vor der Tür?
Ich war verunsichert, habe mich selbst blockiert und hatte schlicht und ergreifend weder Lust noch Motivation, dieses Projekt zu beenden. Sicher, ich könnte mich hinsetzen, mich durchbeißen und das Ding “irgendwie” fertig machen. Aber damit würde ich das eigentliche Problem nur verschieben und mich würde ein Lektorat erwarten, in dem so ziemlich alles rot angestrichen wäre.
Lustigerweise hat mich zur gleichen Zeit eine liebe Autorenkollegin, die gerade ihren Debütroman für die Veröffentlichung fertig macht, etwas sehr Interessantes gefragt:
Ist es normal, sein eigenes Buch irgendwann zu hassen?
Ja, ist es. Je mehr man daran arbeitet, je mehr man ändert, neu- und umschreibt und überarbeitet, je öfter man es liest, desto größer wird diese unbewusste Agression, die man auf das Manuskript entwickelt. Obwohl man es liebt und von der Idee begeistert war (und immer noch ist!), liest sich plötzlich alles dämlich, man findet noch 1000 Sachen, die geändert werden sollten, obwohl man es bereits nachts um 3 Uhr im Schlaf aufsagen kann. Rückwärts.
Da ich selbst in einer ganz ähnlichen Situation stecke, ließ mich diese Frage nicht mehr los. Trotz all meiner Versuche, mich wieder zu motivieren und zu zwingen, abzulenken und neue Motivation zu finden, ging es einfach nicht. Bis mir etwas Wichtiges klar wurde:
Es ist menschlich, keine Kraft und Motivation aufbringen zu können. Egal, ob man sich gestresst fühlt, das Privatleben einen einnimmt oder der böse Kritiker auf der Schulter sitzt. Es ist okay!
Wir sind Autoren, wir leben unseren Traum, schreiben die Bücher, die wir selbst lesen wollen und versuchen die Leser zu begeistern, zu berühren und in die von uns erschaffenen Welten zu entführen. Aber wir sind auch Menschen. Wir machen Fehler, haben mal schlechte Laune und können, so sehr wir unsere “Babys” lieben, sie auch mal hassen. Da erscheint schon mal der Besuch beim Zahnarzt angenehmer als die Vorstellung, sich hinter den Rechner zu klemmen und weiterzuschreiben oder zu überarbeiten. Und auch das ist okay.
Jennifer L. Armentrout, eine meiner Lieblingsautorinnen und Vorbilder, was das Schreiben betrifft, hat das in diesem Video ganz wunderbar auf den Punkt gebracht. Um sie zu zitieren: “You are not alone!”
Alle Zweifel, jede Unlust und fehlende Motivation ist normal, legitim und völlig in Ordnung!
Allein sich das bewusst zu machen, hilft enorm. Und nachdem ich das getan habe, gönne ich mir eine Pause. Ohne schlechtes Gewissen. Vielleicht nur heute, vielleicht das ganze lange Wochenende, vielleicht noch länger. Denn ich will nicht einfach nur ein Manuskript abliefern. Ich möchte dahinter stehen, ich will die Millionen Kleinigkeiten, die meine Betaleserin bemängelt hat, überarbeiten, weil ich euch das bestmögliche Buch geben will. Und manchmal geht das nur, indem man akzeptiert, dass es gerade nicht geht. Manchmal braucht man einfach etwas Abstand. An manchen Tagen reicht es, eine Nacht darüber zu schlafen, an anderen braucht es sehr viel mehr. Und ganz ehrlich? Auch diese Phase geht vorbei. Und so wie ich mich kenne, werde ich es sowieso nicht lange ohne das Schreiben aushalten. 😉
MissDuncelbunt meint
Danke für diesen Post!
Du hast mich gerade davon überzeugt, mich nicht zum weiteren Überarbeiten zu zwingen, sondern das nächste Kapitel erstmal ruhen zu lassen. Ich hab nämlich in meiner Motivationslosigkeit immer das Gefühl, alles zu verschlimmbessern. Auf der anderen Seite denke ich mir – wenn du nix machst, wird es nie fertig. Aber was nützt es mir, fertig zu sein, wenn ich nicht zufrieden damit bin 🙂
Liebe Grüße
Bianca meint
Danke für deinen Kommentar, MissDuncelbunt! Ich freue mich sehr, dass ich dir helfen konnte. ♥ Und du hast absolut recht: Fertig sein bringt gar nichts, wenn man unzufrieden ist. Manchmal braucht es einfach ein bisschen Abstand, um sich dann mit neuer Kraft wieder in die Überarbeitung zu stürzen. Ich wünsche dir ganz viel Energie und viel Spaß beim Überarbeiten nach deiner Pause!
Liebe Grüße
Bianca
Cörnchen meint
Hey =)
Das ist ein super Post bei dem einen klar wird, dass ihr Autoren auch nur Menschen seit. Viele denken, oh man die schreiben die Bücher super schnell runter fertig aus, aber viele sehen gar nicht, dass man da auch mal Down ist und kein Bock hat. Das ist doch aber in jeder Sache so, dass man irgendwann mal Lustlos ist. Einfach mal dann was anderes machen, Seele baumeln lassen und was Unternehmen. Kommen da nicht immer dann die besten Ideen?
LG und Viel Spaß und Motivation beim Weiterschreiben. Ich freue mich bald wieder ein tolles Buch von Dir zu lesen <3 Cörnchen
Bianca meint
Hallo Cörnchen,
vielen Dank für deinen lieben Kommentar! Du hast mich gerade auf eine neue Artikelidee gebracht. 🙂 So wie du sehe ich das auch. Sogar wenn man seinen Traumjob hat und Bücher schreibt, ist man trotzdem ein Mensch und hat diese Phasen. Und du hast recht, genau in solchen Entspannungsphasen kommen einem wunderbare Ideen.
Lieben Dank! ♥
Wünsche dir eine schöne Woche!
Bianca